15.08.2019 | Thomas Krisch | #nitrat  #grundwasser  #Deutschland  #Schweiz  

Nitratbericht 2016: Keine Verbesserung der Nitratwerte

Die deutsche und österreichische Bundesregierung haben im Sommer 2017 den Nitratbericht 2016 veröffentlicht(1,2).

Im Folgenden wollen wir einen Vergleich des deutschen Nitratberichtes 2016 mit dem vorherigen Nitratbericht von 2012 versuchen. Hierbei konzentrieren wir uns auf die Situation des Grundwassers. Bei näherer Betrachtung stösst man auf mehrere Probleme, die mit der Umstellung der Messverfahren bzw. der sogenannten Messnetze, also der Auswahl der verwendeten Messtellen im Untersuchungszeitraum zusammen hängen. Zunächst muss zwischen 2 verschiedenen Messverfahren unterschieden werden, die sich in der Anzahl und der Auswahl der Messstellen in Bezug auf den direkten Standort unterscheiden.

EUA-Messnetz

Um eine allgemeine Übersicht der Nitratqualität des Grundwassers in Deutschland zu erhalten, sind die Messtellen des Sogenannten Belastungsnetzwerkes nicht geeignet, da hier ein Schwerpunkt auf landwirtschaftlich genutzen Flächen vorliegt. Hier verwendet die Bundesregierung das Messnetz zur jährlichen Berichterstattung an die Europäische Umweltagentur, das sog. EUA-Messnetz, in dem die Anzahl der Messstellen mit mehr als 50mg/l Nitrat naturgemäß geringe ausfallen als beim Belastungsnetzwerk.

Belastungsnetzwerk bzw. EU-Nitratmessnetz

Für den ersten Nitratbericht im Jahr 1996 wurden 186 Messtellen ausgewählt, wovon im Lauf der Jahre einige ausgefallen sind. Die EU hat im Jahr 2012 festgestellt, dass die Messstellenkonzentraion in Deutschland damit erheblich niedriger lag als in allen andern Mitgliedsstaaten und eine Überarbeitung empfohlen, die den überarbeiteten Vorgaben der Kommission aus dem Jahr 2011 entsprechen.

Dabei werden aus dem EUA-Messnetz nur diejenigen Messstellen ausgewählt bzw. näher betrachtet, in deren Einzugsgebiet die Nutzungseinflüsse von Acker, Grünland und Sonderkulturen, also von landwirtschaftlicher Nutzung besonders sichtbar sind.

Diese Messstellen wurden zu einem "Teilmessnetz Landwirtschaft" zusammengefasst, nachfolgend als EU-Nitratmessnetz bezeichnet.

Entwicklung des Nitratgehaltes im Grundwasser

Laut dem deutschen Nitratbericht weisen im Jahr 2016 ca. 28% der Messtellen des Belastungsmessnetzes und ca 18% des EAU-Messnetzes einen Nitratgehalt über 50mg/l aus(3) d.h. die Situation hat sich seit dem letzten Bericht aus dem Jahr 2012(4) kaum geändert. Im Nitratbericht von 2012 konnte dagegen noch von einem Rückgang der Nitratbelastung gegenüber den vorherigen Berichten gesprochen werden.

Auch interessant in dem Zusammenhang ist die in den Berichten ausgewisene Agrarstatistik. Hier kann man sehen, dass die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe (und auch der Vieh haltenden Betriebe) seit dem Jahr 2003 stetig zurück gegangen ist, ebenso der Viehbesatz pro Fläche, allerdings nur bis zu Jahr 2010. Im Jahr 2013 war dieser Wert um 40% höher als noch 2010.

Auch der Einsatz von sticksoffhaltigem Dünger pro Hektar Fläche, der seit 2003 eher rückläufig war, stieg seit 2010 wieder. Das mag alles mit dazu beigetragen haben, dass die Nitratbelastung des Grundwassers in den letzen 10 Jahren eher zu als abgenommen hat.

Der österreichische Nitratbericht 2016

Im österreichischen Nitratbericht werden andere Messnetze verwendet, eine dem deutschen Belastungsnetz vergleichbare Aufteilung gibt es hier gar nicht. Österreich unterscheidet freie Grundwasserkörper in vier verschiedenen Tiefen (0 bis >30m) und zusätzlich Gespanntes Grundwasser sowie Karst- und Kluftgrundwasser, wobei die freien Grundwasserkörper die überweigende Anzahl an Messstellen aufweisen (1474 von 1965 Messtellen).

Ein Vergleich ist daher nur schwer möglich, . Als Tendenz lässt sich aber feststellen, dass im freien Grundwasser die Werte über 50mg/l im Berichtszeitraum bei durchschnittlich 7,7% (7,6%) lagen, beim gespannten Grundwasser bei 10,5% (14,8%) und bei Karst- und Kluftgrundwasser bei 0,3% (0,3%), in Klammern die Werte vom Zeitraum 2007-2011. Insgesamt sind die Nitratbelastungen in Tiefen >30m und im Karst- und Kluftgrundwasser sehr niedrig, was nicht weiter überrascht. 

Eine Tendenz ist nicht erkennbar, die Grundwasserwerte scheinen reltiv konstant auf einem tendenziell niedrigeren Niveau als in Deutschland zu liegen.

In der Agrarstatistik ist zu erkennen, dass der Viehbestand insgesamt zwischen 2008 und 2014 rückläufig ist, der Einsatz stickstoffhaltiger Dünger ist leicht angestiegen.

Nachtrag vom August 2021: Link zum Nitratbericht korrigiert

Der schweizer Grundwasserbericht 2019 (Nachtrag vom 15.8.2019):

Der Grundwasserbericht 2019 der Schweiz wurde veröffentlicht(5). Da die Schweiz nicht Mitglied der EU ist, sind die Angaben nicht direkt vergleichbar, so liegt der Nitrat-Grenzwert hier bei 40mg/l Nitrat (50mg/l in der EU), eine Aufteilung in durch landwirtschaftliche Bearbeitung besonders belastete Gebiete (entsprechend dem EU-Nitratmessnetz bzw. dem alten Belastungsmessnetz) und 'allgemeine' Gebiete (EUA-Messnetz) gibt es auch in der Schweiz, ob und inwieweit hier die EU Standards Verwendung finden ist dem Bericht aber nicht zu entnehmen. 

Trotzdem ein paar Zahlen zum Vergleich: Im Jahr 2014 wiesen ca. 12% der Messstellen im Bereich Ackerbau einen Wert über 40mg/l aus (entsprechend 28% der Messstellen in Deutschland 2016), im gesamten NAQUA Messnetz waren das ca. 2% (entsprechend 18% der Messstellen in Deutschland 2016).

Auch die Entwicklung seit 2010 sieht anders aus als in Deutschland: Im gesamten NAQUA Messnetz gingen die Maxiamlwerte von 2010 bis 2014 von ca. 3,5% auf ca. 2% herunter, in den besonders belasteten Gebieten von ca. 14% auf ca. 12%. Im Gegensatz zu Deutschland und Österreich ist hier tatsächlich eine leichte Trendumkehr erkennbar.

  1. Nitratbericht 2016: Keine Entwarnung bei Gewässerbelastung
  2. Nitratbericht 2016 der österreichischen Bundesregierung
  3. Nitratbericht 2016 der deutschen Bundesregierung
  4. Nitratbericht 2012 der deutschen Bundesregierung
  5. Nitratbericht 2019 des Bundesamt für Umwelt BAFU (Schweiz)

Kommentare

Ihr Name wird unter Ihrem Kommentar veröffentlicht, wenn Sie ihn eintragen. Ihre Mailadresse dient lediglich zur Verifizierung Ihrer Identität, sie wird von uns nicht weiter gegeben. Mit Absenden des Kommentars geben Sie Ihr Einverständnis, dass die oben genannten personenbezogenen Daten zur Bearbeitung Ihres Kommentars gespeichert werden.
Weitere Informationen können Sie unserer Datenschutzerklärung entnehmen.